20.11.2001 - Internationale Kongressmesse in Chicago von Konjunkturflaute und Anthrax-Terror belastet
Grund zum Feiern hat es auf der 84. DMA Annual Conference & Exhibition vom 27. bis 31. Oktober in Chicago nicht gegeben: Das internationale Direktmarketer-Treffen war weit weniger gut besucht als erhofft. Zeitgleich legte die Anthrax-Angst Briefzentren in den USA lahm, und die Meldung von einem weiteren an Milzbrand erkrankten US-Postangestellten machte die Runde.
Über Besucher- und Ausstellerzahlen schweigt die Direct Marketing Association (DMA) hartnäckig. "Die DMA hat eingeräumt, viele Stornierungen aus dem Ausland erhalten zu haben", sagt Ray Schultz, Chefredakteur des US-Direktmarketing-Titels DIRECT Newsline gegenüber ONEtoONE. Zwar spreche die DMA offiziell von 550 Ausstellern, so Schultz, "aber ich weiß, dass in letzter Minute einige abgesprungen sind". Im Vorjahr hatten rund 15.000 Teilnehmer und 600 Aussteller an dem DMA-Annual teilgenommen.
Laut Schultz ist der Besucherschwund nicht nur auf die Terroranschläge zurückzuführen: "Schon vor dem 11. September haben Unternehmen ihre Reiseausgaben gekürzt. Danach hatten die Menschen Angst zu fliegen." Dennoch sei es von der DMA unklug, Fakten zu verbergen, denn der DM-Verband müsse sich nicht für eine gute Konferenz entschuldigen, die wegen politischer und wirtschaftlicher Hintergründe schlecht besucht gewesen sei.
Auch zahlreiche deutsche Marketer waren sowohl wegen befürchteter Terroranschläge als auch aus konjunkturellen Gründen ferngeblieben. So präsentierten sich mit eigenem Stand nur die Ditzinger Schober Information Group, die Stuttgarter Arnold, Demmerer & Partner und die Deutsche Post. AZ Bertelsmann in Gütersloh warb lediglich mit Business-Cards am Stand von Bertelsmann Services USA. Für die, die sich in Chicago eingefunden hatten, hat sich der Besuch offensichtlich gelohnt: "Die Stimmung war gut und wir haben sehr qualifizierte Kontakte mitgebracht", sagt Helen Deacon, Director International bei Arnold, Demmerer & Partner.
Auch wenn sich Keynote-Speaker und Ex-Präsident George H. W. Bush mit einem "you´ll do all right" "sehr optimistisch hinsichtlich der Zukunft" zeigte, sitzt der Schock über die Terroranschläge und die Angst vor konjunkturellen Einbrüchen tief. Dass US-DMler aufgrund des Bioterrors Einbußen im Segment Direct Mail befürchten, die sich bis dato auf 528 Milliarden Dollar belaufen, war ein Kernthema der Kongressmesse.
Unklar ist, ob einem Vertrauensverlust der Verbraucher - und einem Negativ-Trend im Mailing-Segment - durch Aufklärung vorgebeugt werden könnte. Und ob routinemäßige Dekontaminierung von Mailings die Angst besiegen würde. Was aus dem Weihnachtsgeschäft wird, das laut DMA bis zu 40 Prozent der Direct-Mail-Jahreseinnahmen ausmacht, steht ebenfalls in den Sternen.
Ein weiteres Thema waren die wirtschaftlichen Schläge, die DMler durch die Wirtschaftsflaute einstecken müssen - naturgemäß zeigt man sich nach den Anschlägen am 11. September weniger optimistisch als noch im August. Dennoch prognostiziert eine Studie, die Wharton Economic Forecasting Associates für die DMA durchgeführt hat, steigende Absätze im Direktmarketing. Demnach sollen die DM-Werbeausgaben in den USA im Jahr 2001 auf 196,8 Milliarden Dollar steigen, das sind 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr. In den kommenden fünf Jahren erwartet die DMA Steigerungsraten von 6,4 Prozent. DIRECT Newsline zitiert DMA-Präsident H. Robert Wientzen: "Wir sind froh, dass trotz der gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen unsere Industrie weiterhin starke Wachstumsmerkmale auf allen Gebieten zeigt." Laut Studie sind die stärksten Wachstumsmärkte neben den USA Japan, Frankreich, Großbritannien und Deutschland.
Die Studie "State of the Catalog/ Interactive Industry Report 2001", für die 100 Geschäftsführer von Versandhändlern befragt wurden, befasst sich mit dem Verhältnis der Versender zum E-Commerce. Demnach verstehen sich 95 Prozent der Befragten als Multichannel-Retailer. Der Anteil der Verkäufe per Katalog, der durch das Internet inspiriert wurde, stieg von neun Prozent 1999 auf 13 Prozent im Jahr 2000.
Der Datenschutz war ebenfalls ein Thema auf der DMA Conference & Exhibition: Die Federal Trade Commission hat eigens einen Arbeitsstab zu diesem Zweck eingerichtet. Ziel ist es etwa, Konsumenten per Hotline Zugang zu den so genannten nationalen Do-not-call-Lists zu verschaffen.
Was die Fachvorträge des DMA-Jahrestreffens anbelangt, so vermochten lediglich "die Altmeister Gordon Herschell Lewis und ,Rocket´ Jutkins, die Vortragssäle zu füllen - mit Standing Ovations", sagt Unternehmensberater Thomas Lackmann, ansonsten sei das Programm durch zahlreiche "Basic-Veranstaltungen" aufgefallen.
Eines der Highlights auf der DM-Messe war die Verleihung der 72. International ECHO Awards. Diesmal waren mehr Einreichungen aus dem Ausland eingegangen als aus den USA selbst. Zwar gewannen US-Agenturen die meisten ECHO-Awards, gefolgt von ihren spanischen und britischen Kollegen, aber auch deutsche Agenturen reüssierten. So räumten die Berliner Scholz & Friends in der Kategorie Nonprofit für ihren Frauenkirchen-Katalog der Dresdner Bank und die Frankfurter OgilvyOne in der Kategorie Finanzdienste für das Postbank-"Pieces"-Mailing jeweils eine goldene ECHO-Trophäe ab.
Und noch ein Highlight: Otto-Versand-Chef Dr. Michael Otto wurde in die Hall of Fame des US-amerikanischen Direct Marketing berufen.
Alles in allem lässt sich bilanzieren, dass die US-Direktmarketer nach wie vor nach vorne blicken - trotz Terror und Wirtschaftsflaute ist ihr Optimismus ungebrochen. ks
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