20.09.2004 - Prominente Network-Agenturen verlassen den Verband
Der Mitgliederexodus des Deutschen Direktmarketing Verbands (DDV) setzt sich fort. Nachdem bereits im Frühjahr unter anderem Liesegang, Plan.Net, K_03 und M-S-B+K als Reaktion auf die anhaltenden Verbandsquerelen ihren Austritt zum Jahresende verkündet hatten, kehren nun auch die Branchengrößen BBDO InterOne, FCBi und Springer & Jacoby Direct der DM-Organisation den Rücken.
FCBi-Geschäftsführer Jens Grunewald begründete den Rückzug mit der aktuellen Entwicklung im DDV-Council Agenturen, das er bis vor einem halben Jahr noch selbst geleitet hatte. "Wir sind nicht ganz glücklich über die Dinge, die dort passieren", sagte Grunewald auf Anfrage. Zudem seien die Leistungen des Council "nicht mehr relevant" für FCBi. Die Agentur werde sich künftig stärker im Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) engagieren.
Indes wächst im Council Agenturen der Unmut über die Zusammenarbeit mit der DDV-Spitze. Auslöser war die voraussichtlich langfristige Erkrankung der Verbandssprecherin Inge Wagishauser, die dem Council Unterstützung bei der PR-Arbeit zugesagt hatte. Geplant war, mehr über die Erfolge der Agenturen zu berichten und verstärkt auf die Wirtschaftspresse einzugehen.
Die Agenturen kritisieren nun, dass der Verbandsvorstand seiner Präsidentin Kerstin Plehwe die Pressearbeit gegen eine zusätzliche Aufwands-entschädigung übertragen hat. Dabei es ist sehr unwahrscheinlich, dass Plehwe die Agenturprojekte umsetzen kann. Schließlich wird die Präsidentin in den nächsten Wochen mit der PR-Arbeit für die DIMA und anschließend mit der sonstigen Verbandspressearbeit voll ausgelastet sein. Und für weitere Unterstützung fehlt dem Verband angesichts der angespannten Haushaltslage das nötige Geld und Personal. Nach Meinung von Council-Chef Rudolf Jahns wäre die Öffentlichkeitsarbeit bei einer PR-Agentur oder der freiberuflichen Agentursprecherin Nanah Schulze, die Kapazitäten frei habe, besser aufgehoben. "Das muss ein Pressemensch machen, der weiß, wie die Presse tickt", sagt Jahns.
DDV-Geschäftsführer Michael Muth begründete die Entscheidung mit der großen Verbandserfahrung Plehwes, die für diese Arbeit unerlässlich sei. "Wir konnten nicht eine x-beliebige Person nehmen", sagt Muth. Zudem habe die Zeit wegen der anstehenden DIMA gedrängt.
Gleichzeitig verteidigte Muth die geplante Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. Nach sechs Jahren gleich bleibender Beiträge sei es "durchaus opportun, darüber nachzudenken". Ins- besondere nachdem die letzte Mitgliederversammlung die beantragte Umlage abgelehnt hatte, sodass der Vorstand einen Sparhaushalt erarbeiten musste, der "keine Dauerlösung" sein könne. "Entweder die Mitglieder machen Abstriche bei ihren Forderungen, oder sie entscheiden sich, höhere Beiträge zu zahlen", so Muth. Die Erhöhung werde auf jeden Fall moderat ausfallen. Ein Plus von mehr als zehn Prozent stünde nicht zur Debatte. Damit werde kein Mitglied überfordert. Die Entscheidung liege allein bei der Mitgliederversammlung. Ebenfalls auf wenig Gegenliebe stoßen die geplanten Strukturänderungen des Vorstands. So soll unter anderem das Präsidium neu aufgestellt werden. Ein Bestandteil dieser Reform ist die Einrichtung der Position Vizepräsident Verbraucherschutz. Nach Ansicht von Walter Plötz, Kreativchef von Publicis Hamburg, eine völlig unnötige Aktion: "Die wenigen noch vorhandenen Ressourcen werden völlig falsch eingesetzt." Ziel müsse es sein, wieder eine "funktionierende Geschäftsstelle aufzubauen, mit der man etwas bewegen kann".
Zudem erhitzen sich die Gemüter bei der Haushaltsfrage: Eine Gruppe von Kritikern drängt unverdrossen auf eine öffentliche Abstimmung über das Verbandsbudget. Dieses wurde im Juli per schriftlicher Abstimmung genehmigt, wogegen die Kritiker anschließend Klage einreichten, unter anderem wegen mangelnder Transparenz und Verfahrensfehlern. Inzwischen hat das Wiesbadener Amtsgericht ein Verfahren in dieser Sache eröffnet. Die DDV-Spitze weist die Forderung der Kritiker nach wie vor strikt zurück.
Eingelenkt hat der Vorstand dagegen in der Berlin-Frage: Die geplante Repräsentanz soll nun doch vom Votum der Mitglieder abhängig gemacht werden. Dazu wird auf der nächsten Hauptversammlung eine "entscheidungsreife" Vorlage mit Kosten und Maßnahmen vorgelegt.
Das Führungsgremium reagiert damit auf die Kritik zahlreicher Mitgliedsunternehmen, die eine öffentliche Abstimmung über das Projekt gefordert hatten, das in Zeiten leerer Kassen alles andere als angebracht sei. "Der Verband hat wenig Geld und muss lernen, damit auszukommen. Da wäre es falsch, ein Büro in des Kanzlers Nähe aufzumachen", sagt Jahns. Unterdessen wird der gesammelte Austritt der Agenturen aus dem DDV immer unwahrscheinlicher. Wie ONEtoONE aus Council-Kreisen erfuhr, sind die bisherigen Gespräche mit dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) über eine Eingliederung der DDV-Agenturen nicht zur Zufriedenheit des Council verlaufen. Zwar sei eine Mitgliedschaft der Agenturen auf einer separaten Plattform möglich, eine Eigenständigkeit wie bei den Media-Agenturen habe aber keine Chance auf Verwirklichung. "Das Thema GWA ist so gut wie vom Tisch", bestätigte Jahns auf Anfrage, insbesondere weil der GWA kein Interesse habe, dem DDV einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Für Jahns geht das völlig in Ordnung, unter anderem weil der Verband "die Kraft der Einheit" brauche, um seine Interessen durchzusetzen. In diesem Sinne will der Council-Chef nun ein Konzept für einen Verein innerhalb eines Verbands erarbeiten, das die Eigenständigkeit der Agenturen bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zum DDV ermöglicht. brö
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